06.03.2007 War Jesus laut den Apokryphen mit Maria Magdalena verheiratet?

Schon seit der Zeit der Aufklärung versuchen Schriftsteller, Philosophen und Historiker das Jesusbild der Bibel »richtig« zu stellen. Verschwörungstheorien wurden entwickelt und die Kirche der Verfälschung von Geschichte und Bibel angeklagt. In den letzten vier Jahrzehnten kam es schließlich zu einer Flut von so genannten »Enthüllungen« über Jesus. Durch seinen verfilmten Roman Sakrileg aber schaffte es Dan Brown mehr als alle anderen vor ihm, Zweifel an der Göttlichkeit Jesu zu säen und die Bibel zu demontieren. Dabei beruft er sich auf apokryphe Schriften aus der frühen Christenheit, die durch Kaiser Konstantin und Kirchenvertreter vernichtet oder unterdrückt worden seien. Konstantin habe Jesus erst vier Jahrhunderte nach dessen Kreuzigung zum Gottessohn erhoben. Deshalb soll es Tausende von Niederschriften geben, in denen Jesus als normaler Sterblicher geschildert wird, der mit Maria Magdalena Kinder gezeugt habe.

Leider vertut sich Dan Brown hier um hundert Jahre, und von Tausenden solcher Niederschriften weiß kein seriöser Forscher etwas. Auch die mehr als achtzig Evangelien, aus denen Konstantin und seine kirchlichen Helfershelfer nur vier für das Neue Testament ausgewählt haben sollen, sind unbekannt. Der heute von allen christlichen Kirchen als verbindlich angesehene Kanon der biblischen Schriften geht außerdem bis in die Zeit um 200 n. Chr. zurück (Papyri der Bibliotheken Chester Beatty und Bodmer), hat also überhaupt nichts mit Kaiser Konstantin zu tun. Die Bibel enthält nur solche Schriften, die von Anfang an für die ältesten gehalten und offensichtlich von den Aposteln verfasst wurden. Alle anderen Evangelien, Apostelbriefe und Apokalypsen wurden nicht nur wegen ihres jüngeren Alters, sondern besonders auch wegen ihrer außerbiblischen Gedanken nicht in den Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen. Dan Brown beruft sich bei seiner Beweisführung auf die Schriftrollen von Qumran, die 1950 entdeckt worden sein sollen und deren Veröffentlichung der Vatikan angeblich zu verhindern suchte, um das wahre Bild von Jesus zu verschleiern. Die Schriftrollen vom Toten Meer enthalten jedoch keinerlei Informationen über Jesus. Sie wurden im Übrigen 1947 entdeckt und unter der Aufsicht der jordanischen und israelischen Antikenverwaltung veröffentlicht.

In seinem Roman zitiert Brown schließlich die Nag-Hammadi Schriften (dreizehn Papyrus Codices, die in 52 Texten so genannte gnostische Häresien enthalten und zwischen dem 1.-4. Jahrhundert n. Chr. verfasst wurden). Laut dem apokryphen Philippus-Evangelium soll Maria die »Gefährtin des Erlösers« gewesen sein, und Jesus soll sie oft auf den Mund geküsst haben. Das Wort »Gefährtin« bedeute im Aramäischen nichts anderes als »Ehefrau«. Doch alle Nag-Hammadi-Schriften sind nicht in Aramäisch, sondern in koptischer Sprache verfasst. Der Begriff »Gefährtin« meint hier »Jüngerin«. Der Text ist an dieser Stelle lückenhaft und enthält weder Buchstaben des Wortes »Mund« noch »küssen« (Spruch 55: »Und die Gefährtin von ... ist Maria Magdalena. Der ... sie mehr als ... Jünger, und er begrüßte sie auf ihren ...«). Küsse auf den Mund (auch unter Männern) sind nach dieser Schrift im Übrigen Zeichen geistlicher Verbindung (Spruch 31). Da das Philippus-Evangelium viele unbiblische Gedanken vermittelt, ist es zudem für Christen kein Beweismittel. Schließlich muss noch gesagt werden: Keines der apokryphen Evangelien erwähnt, dass Jesus mit Maria Magdalena verheiratet war oder mit ihr Kinder hatte. Leider glauben heute aber viele Menschen einem Romanschriftsteller mehr als der Heiligen Schrift.

Quelle: Stimme der Hoffnung



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